Quickies 33 by Unknown

Author:Unknown
Language: deu, eng
Format: epub
Published: 2011-09-04T22:00:00+00:00

Man kann nie wissen

Charlotte Stein

Er ist wirklich süß, und das ist mein Problem. Die Baseballmütze tief in die Stirn geschoben, schaut er einen jedes Mal so treuherzig und tiefgründig an, dass man meint, in seinen Augen zu lesen wie in einem offenen Buch.

Von wegen, alles Tarnung.

Er hat nichts von diesem oberflächlichen Scheiß an sich, den man bei attraktiven Typen sonst gewöhnt ist, und er ist auch kein bisschen von oben herab. Einmal, als er am College seine Story von dem dicken Mädchen vorlas, hätte seine Miene eigentlich signalisieren müssen: Ich hasse dich, dickes Mädchen.

War aber nicht so. Seine Miene war unergründlich wie sonst auch.

»Hey, Hobbs«, sagt er und küsst mich umständlich auf die Wange, und dann setzen wir uns umständlich hin und warten auf die anderen aus unserem ehemaligen Kurs für kreatives Schreiben. Er macht mich verlegen.

Schätze, es ist immer dasselbe mit uns. Ich seh bloß, wie schnuckelig er aussieht, und er, wie unfickbar ich bin. Manchmal denke ich, warum kann er nicht wie Ryan sein, der charmant mit mir rumalbert, und ich wie Kate, die total süß und selbstbewusst ist.

»Und, wie geht’s dir so?«, fragt er, und ich weiß nicht, was ich antworten soll. Gut, tippe ich mal. Immerhin so gut, dass es mich nicht kümmert, was er von dicken Mädchen hält.

Ich überlege immer noch, als Kate und Ryan reinkommen und alle durcheinanderreden. Ich halte mich geschlossen und erinnere mich wieder an jedes Wort seiner damaligen Story. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sie als Antwort auf eine von meinen Geschichten geschrieben hat.

Meine war euphorisch, sinnlich, eben alles nur angedeutet. Keine Fokussierung auf einen Exzess von nacktem Fleisch, sondern ein Hauch von Erotik.

Seine war morbide bis ins Detail. Da ging es um tiefe Grübchen, die ihre Arschbacken krönten, Fleischberge, die unter seinen Händen wackelten, um Spalten und Ritzen und Speckrollen. Und das traurige Sackgesicht von einem Loser war von all dem besessen, was einen normalen Mann niemals anmachen würde.

Ich erinnere mich ganz besonders an eine Zeile aus seiner Geschichte – weil sie so schön klang, was man von seiner Story ansonsten nicht behaupten konnte.

Der weich gefältelte Samt ihrer Haut bettelt nach meinem Körper.

Tja, die Zeile geht mir nicht aus dem Kopf.

Er denkt, ich bettle nach seinem Körper. Ganz bestimmt denkt er das. Wir hängen zusammen ab, trinken zu viel, fläzen uns auf Lederpuffs wie Haremswächter, erzählen einander blöde Fantasien, das Übliche eben, und ich bin sicher, er erwartet, dass ich sage: Hey, du.

Du warst meine Fantasie. Du hattest Recht. Ich hab diese schlüpfrigen Storys über ein glitzerndes honigsüßes Land für dich geschrieben, Julian. Du warst meine Idealbesetzung für den Wächter meines Königinnenharems mit deinen schönen geschmeidigen Bewegungen, den unergründlichen Schmachtaugen und deinem sinnlich aufgeworfenen Kussmund.

Er denkt bestimmt, dass ich so was Ähnliches beteuern werde, aber da hat er sich geschnitten: Er kennt mich nicht halb so gut, wie ich mich mit attraktiven Männern auskenne. Er schrieb diese Dicke-Mädchen-Story, um mich abzuwimmeln – mach dich bloß vom Acker, dickes Mädchen! Wir attraktiven Typen machen mit so was wie euch

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